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Licht im Dunkeln

Schwarze Löcher, das Universum und wir

Klett-Cotta, 2020

Heino Falcke mit Jörg Römer

Im ersten Teil gibt das Buch einen kurzen, und kurzweiligen, Überblick unseres derzeitiges Wissens der Astronomie, wobei die Betrachtung mit Erde und Mond beginnt, und sich weiter ausdehnend bei den entferntesten Galaxien, Quasaren und dem Urknall endet. Der Überblick ist kompetent, flüssig geschrieben und auch für jene interessant, deren Wissensstand zehn oder zwanzig Jahre alt ist, da seit dem doch einige neue Erkenntnisse gewonnen wurden.

Im zweiten Teil, dem Kern des Buches, wird die Arbeit beschrieben, die schließlich zum Bild, der Aufnahme des Schwarzen Loches im Kern der Galaxie Messier 87 (M87) geführt haben. Das Schwarze Loch wird M87* genannt, oder, poetischer Pōwehi, was ein Hawaiisches Wort ist und in etwa “die geschmückte unergründliche dunkle Schöpfung” bedeutet.

Das Projekt beginnt mit der Theorie, dass ein Schwarzes Loch einen “Schatten” haben sollte, eine dunkle Zone, die etwas größer ist als der Ereignishorzont (Schwarzschildradius) und von einer lichtemitierenden Gasscheibe umgeben ist. Diese Struktur sollte mit einem Radioteleskop sichtbar gemacht werden können. Die theoretischen Vorarbeiten, die genaue Vorhersagen darüber, was beobachtet werden könnte, ergaben, wurden im Laufe der 1990er und 2000er Jahre gemacht. Im Jahre 2013 wurde 14 Millionen Euro durch ein ERC Grant gewonnen, was einen wesentlichen Teil der Finanzierung des Projektes ermöglichte. Die Realisierung wurde mit und durch die Event Horizon Telescope (EHT) Kooperation durchgeführt, die ein Zusammenschluss von acht Radioteleskopen darstellt: zwei in Chile, zwei auf Hawaii, eines in der Sierra Nevada in Spanien, eines in Arizona, eines in Mexiko und eines am Südpol.

Der Schatten des Schwarzen Lochs M87* und die
     rotierende Gasscheibe, die unten auf uns zu kommt, und daher
     heller ist.
     (<a
     href='https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=77925953'>NASA,
      ESO Article, ESO TIF, CC BY 4.0</a>)
Der Schatten des Schwarzen Lochs M87* und die rotierende Gasscheibe, die unten auf uns zu kommt, und daher heller ist. (NASA, ESO Article, ESO TIF, CC BY 4.0)
Die Radioteleskope die im Event Horizon Telescope
     zusammengeschlossen sind.
     (By ESO/0. <a
     href='https://www.eso.org/public/images/ann17015a/1'> Furtak</a>,
     <a href='https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=57580702'>CC BY 4.0</a>)
Die Radioteleskope die im Event Horizon Telescope zusammengeschlossen sind. (By ESO/0. Furtak, CC BY 4.0)

Vier Jahre liefen die theoretischen und praktischen Vorbereitungen. Unter anderem wurden hunderte spezielle Festplatten gekauft, die die Daten der Messungen sammeln und speichern sollten. Die Schwarzen Löcher im Zentrum unserer Milchstrasse und im Zentrum von M87 sollten aufgenommen werden. Jenes in unserer Milchstrasse wird Sagittarius A*, oder kurz Sgr A* genannt, jenes im Zentrum von M87 heißt M87*. Aufgrund der Konstellation können die Aufnahmen nur im April vorgenommen werden. Für die Jahre 2017, 2018, 2019, und 2020 sind Messungen geplant, aber aufgrund unterschiedlicher Schwierigkeiten wie das Wetter, technische Probleme, und der Pandemie 2020 werden nur 2017 brauchbare Messungen durchgeführt. Die Daten werden auf den Festplatten gespeichert, mit kommerziellen Frachtfligzeugen (sneakernet) zum MIT Haystack Observatory in Bosten und zum Max Planck Institute für Radioastronomie in Bonn geschickt. Dort braucht es einige Monate bis die Daten auf parallelen Hochleistungsrechnern korreliert, synchronisiert und analysiert werden. Die Daten der verschiedenen Radioteleskope sind mit Zeitstempeln von hochgenauen Atomuhren aus Neuchatel in der Schweiz versehen. Um die über den Globus verstreuten Radioteleskope wie ein einziges, virtuelles Teleskop mit einer Größe von über 4000 km zu nutzen, müssen die getrennt gesammelten Daten Datenpunkt für Datenpunkt, Nanosekunde für Nanosekunde korreliert werden. Diese Analyse dauert einige Monate; danach, beginnend im Mai 2018, konnte damit begonnen werden, die Bilder des Schwarzen Loches zu errechnen. Es stellte sich heraus, dass die Daten von Sgr A* schwieriger zu deuten sind, als jene von M87*. Da Sgr A* etwa 1500 Mal weniger massiv ist (ca 4 Millionen Sonnenmassen versus 6.5 Milliarden Sonnenmassen von M87*), rotiert die Gasscheibe deutlich schneller, was eine höhere zeitliche Auflösung der Daten erfordert. Daher wurde der Fokus auf die Errechnung der Bilder von M87* gelegt. Die Daten sind jedoch nicht eindeutig, was bedeutet, dass viele mögliche, verschiedene Bilder konsistent mit den Daten sind. Die Errechnung erfolgt daher theoriegeleitet unter vielen Annahmen. Um Fehler zu vermeiden, wurden vier Teams gebildet, die völlig unabhängig voneinander und mit Hilfe unterschiedlicher mathematischer Methoden die Bilder konstruierten. Danach wurden die Ergebnisse verglichen.

Der galaktische Kern von M87, aufgenommen mit dem
     Hubble Teleskop, mit dem auffälligen Jet der von dem Schwarzen
     Loch erzeugt wird.
     (<a
     href='https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7598267'>NASA,
     WikiSky</a>)
Der galaktische Kern von M87, aufgenommen mit dem Hubble Teleskop, mit dem auffälligen Jet der von dem Schwarzen Loch erzeugt wird. (NASA, WikiSky)

M87 ist eine elliptische Galaxie die etwa 200 Mal die Masse unserer Milchstrasse enthält. Sie ist 53,5 Lichtjahre entfernt und befindet sich im Virgo Galaxienhaufen. Dazu passend befindet sich im Zentrum das supermassive Schwarze Loch M87*, das eine Masse von 6,5 Milliarden Sonnenmassen aufweist. Der Ereignishorizont, also jener Bereich, aus dem aufgrund der starken Gravitation kein Licht mehr entweichen kann, ist 0,0019 Lichtjahre im Durchmesser was 120 Astronomischen Einheiten (AE) entspricht. Eine AE ist der mittlere Abstand Sonne-Erde. Um das schwarze Loch kreist eine Gasscheibe mit einer Geschwindigkeit von 1000 km/sec, dessen Durchmesser 0,39 Lichtjahre ist. Aus der Scheibe strömt das Gas in das Schwarze Loch mit einer Rate von 90 Erdmassen/Tag, also 0,1 Sonnemassen/Jahr in das Loch. Das Gas wird dabei auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, extrem erhitzt und ein Teil davon als Jet mit Lichtgeschiwndigkeit ausgestossen. Durch diesen Prozess wird exrem viel Energie erzeugt, sodass M87* eine der hellsten Radioquellen ist. Die Energie, die mit dem Jet abgestrahlt wird, wird auf 5,1 x 1049 Joule/Sekunde geschätzt, was 1010 Mal mehr Energie ist, als unsere gesamte Milchstrasse freisetzt (5 x 1039 Joule/sec). Es wird angenommen, dass es einen zweiten, symmetrischen Jet gibt, der aber nicht beobachtet werden kann, da er sich mit Lichtgeschwindigkeit von uns entfernt.

Dieses Bild kommt einer Abbildung eines Schwarzen Loches wohl so nahe wie nur möglich, und damit ist auch dessen Existenz so gut wie bewiesen. Wir können uns darauf verlassen, dass Astronomen eifrig an weiteren Bildern arbeiten und wir dürfen schon gespannt sein, wie das Schwarze Loch in unserer eigene Milchstrasse aussehen mag.

(AJ Juli 2021)