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Beute

Warum muslimische Einwanderung westliche Fraunerechte bedroht

Ayaan Hirsi Ali

C. Bertelsmann 2021

Die zentralen Thesen des Buches sind

  1. viele islamische Gesellschaften weisen Frauen einen niedrigen Status zu, unterordnen sie Männern und untergraben Frauenrechte in systematischer Weise;

  2. der massive Zustrom islamischer Migranten nach Europa gefährdet Frauenrechte auch in Europa;

  3. viele europäische Institutionen und Eliten verschließen die Augen vor den Gefahren, die islamische Migration für Frauenrechte darstellen und versagen im Schutz und im Fördern von Frauenrechten.

Das Buch ist verstörend zu lesen, denn es berichtet, oft detailreich in Einzelfällen und mit viel Statistik untermauert, wie Frauen Gewalt geschieht, ihre Rechte unterminiert werden, und europäische Institutionen und Eliten versagen, diese zu schützen.

Die Beispiele und Statistiken sind hauptsächlich aus Deutschland, Holland, Österreich, Schweden und Großbritannien. Hirsi Ali ist der Meinung, dass Integration islamische Migranten in den letzten sechzig Jahren nur schlecht funktioniert hat, weil auch Einwanderer der zweiten Generation an frauenfeindlichen Werten und Bildern festhalten. Hirsi Ali fürchtet, dass nicht europäische Werte in die islamische Welt exportiert werden, sondern eher islamische Werte nach Europa dringen und auch die Rechte europäischer Frauen bedrohen.

Anpasser, Bedroher, Fanatiker, Drifter

Immigranten kann man in vier Kategorien beschreiben:

Anpasser nehmen die Werte des Gastlandes aus, versuchen ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen und streben ein Leben ähnlich dem der Menschen des Gastlandes an.

Bedroher sind meist junge Männer, die in der eigenen Familie und in der Öffentlichkeit zu einer Bedrohung werden. Oft brechen sie die Schule ab, begehen kleine und große Straftaten, verbringen Zeit im Gefängnis. Alkohol und Drogenmissbrauch verschlimmern ihr Fehlverhalten und die meisten von ihnen sind untauglich für den Arbeitsmarkt.

Fanatiker sind religiöse Eiferer die die Freiheiten des Gastlandes benutzen, um eine intolerante, fundamentalistische Version des Islams zu verbreiten. Sie scheinen of gut integriert, da sie die Sprache beherrschen, einen gutbezahlten Job haben, die Funktionsweisen des Gastlandes verstehen. Aber sie lehnen die lehnen die liberalen Werte des Gastlandes grundsätzlich ab und bekämpfen sie nach Möglichkeit aktiv.

Drifter haben oft keine oder nur geringe formale Ausbildung, kommen für gutbezahlte und interessante Jobs nicht in Frage, leben zum Teil von Sozialleistungen, und bemühen sich nicht aktiv, das Gastland zu verstehen und sich dessen Werte anzueignen. Sie schicken ihre Kinder in die lokale Schule, verbringen viel Zeit in der örtlichen, muslimischen Gemeinde und mit Verwandten und Bekannten ihres Herkunftslandes. Zufällige Ereignisse können Drifter zu Anpassern, Bedrohern oder Fanatikern werden lassen.

Diese Kategorisierung ist nachvollziehbar, doch die interessante Frage ist, wie groß die einzelnen Gruppen sind. Hirsi Ali geht der Frage leider nicht im Detail nach, resümiert aber

Wenn die europäischen Eliten ehrlich mit sich selbst sind, werden
sie einräumen, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl der vor der
Flüchchtlingswelle zugewanderten Muslime in eine oder andere der
letztgenannten drei Kategorien fiel: bedrohung, Fanatiker oder
Drifter. Die Anpasser sind auch da, aber sie sind in der
Minderheit - vor allem wenn es um das Frauenbild muslimischer
Zuwanderer geht.

(S 248)

Kulturunterschiede

Cultural Map. Quelle: Inglehart-Weizel Cultural Map,
    World Values Survey, Wave 6 [20120-2014] <a
    href='http://www.worldvaluessurvey.org/WVSContents.jsp'>Link</a>
Cultural Map. Quelle: Inglehart-Weizel Cultural Map, World Values Survey, Wave 6 [20120-2014] Link

Es gibt Versuche, die essentiellen Unterschiede verschiedener Kulturen zu verstehen und zu benennen. In der World Values Survey werden Kulturräume entlang zweier Achsen lokalisiert: die “Traditionel vs. säkular/rational” Achse gibt an, wie sehr eine Kultur von rationalen Überlegungen bestimmt wird oder von tradierten Verhaltensmustern. Die “Überleben vs. selbst-expressiv” Achse beschreibt, wie sehr Individuen sich als individuelle Personen behaupten und abheben wollen, und wie sehr sehr sie vom Wunsch beseelt sind, ihren eigenen Wünschen und Sehnsüchten nachzugehen, oder ob sie versuchen sich möglichst an ihre kulturelle Umgebung anzupassen. In der entstehenden Karte liegen das protestantische Europa und das islamische Afrika an gegenüberliegenden Polen, was die Schwierigkeiten verständlich macht.

Der Soziologe Dan Seligson und die Wirtschaftshistorikerin Anne McCants vertreten aber die Auffassung, dass ein zentraler Kern der kulturellen Unterschiede in der Polygamie begründet ist. Dan Seligson wird folgendermaßen zitiert:

Ich habe zigtausend Modelle laufen lassen, die bestimmte Parameter
kombinieren, um die Ursachen von Gewalt gegen Frauen in
verschiedenen Gesellschaften im Zeitablauf zu finden, Ich verfolge
die kumulativen kulturellen Effekte, die Einstellungen gegenüber
Frauen im Durchschnitt anzeigen. Diese Einstellungen reichen bis
weit in die Zeit vor Aufkommen des Monotheismus zurück, sogar vor
die Zeit von Stammeskulturen. Der Islam taucht dabei überhaupt
nicht auf, und auch der Kolonialismus nicht. Es ist die Polygamie,
das Eherecht, das Misstrauen und patriarchalische Gewalt gegenüber
Frauen hervorbringt. Und das historische Vermächtnis der Polygamie
kann über viele Generationen zurückverfolgt werden - sie treibt
die gesellschaftliche Fieberkurve hoch und schafft eine
feindselige, grimmige Kultur.

(S 206)



Hirsi Ali trägt ihre Thesen überzeugend vor, solide durch Fakten untermauert und es ist schwer, ihnen nicht zuzustimmen. Sie wendet sich keineswegs gegen Migration, sondern will, dass Europäer nicht die Augen vor den Problemen und den misslungen Aspekten der Immigration verschließen, da der Prozess der Integration nur verbessert werden kann, wenn deren Schwierigkeiten ehrlich und präzise Anerkannt werden.

Ayaan Hirsi Ali ist eine mutige und glühende Kämpferin für Frauenrechte und hat einen bemerkenswerten Lebenslauf. Sie wurde 1969 in Mogadishu, Somalia geboren. Ihre Familie zog 1977 nach Saudi Arabien, dann nach Äthiopien und lies sich schließlich 1980 in Nairobi, Kenia, nieder. 1992 beantragte sie Asyl in den Niederlanden um einer arrangierte Heirat zu entgehen und erhielt bald eine Aufenthaltserlaubnis. Nach einer Reihe von kurzfristigen Jobs, unter anderem als Putzfrau und Übersetzerin, inskribierte sie an der Universität Leiden und erhielt 2000 ihren MSc in Political Science.

By Gage Skidmore, <a
    href='https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0'
    title='Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0'>CC BY-SA
    3.0</a>,  <a
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By Gage Skidmore, CC BY-SA 3.0, Link

Hirsi Ali trat der konservativ-liberalen Partei Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) bei und wurde 2003 ins Parlament gewählt. Obwohl in jungen Jahren eine devote Muslima wurde sie im Laufe der Jahre immer kritischer zum Islam. 2004 arbeitete sie mit Theo van Gogh an dessen Film Submission, der die Behandlung von Frauen in islamischen Gesellschaften kritisierte. Van Gogh wurde im November 2004 von einem radikal-islamischen Terrorist ermordet, der eine Todesdrohung für Hirsi Ali an dessen toten Körper anheftete. Daraufhin wurde sie geschützt und zeitweise versteckt. Auch entwickelte sich eine öffentliche Kontroverse um ihren Asylantrag von 1992. Schließlich verließ sie die Niederlande 2006 und übersiedelte in die USA. Deputy Secretary of State Robert Zoellick sagte im Mai 2006, “we recognise that she is a very courageous and impressive woman and she is welcome in the US.”

(AJ April 2023)